Gesicherte Prognosen für die Zukunft der Automobilindustrie sind schwierig, obwohl heute eine eher optimistische Betrachtungsweise angesagt zu sein scheint. Voraussetzung dafür, dass die optimistische Variante eintritt, ist allerdings das zielgerichtete Handeln von Wirtschaft und Politik in Deutschland. Inhaltsverzeichnis

Negative Indikatoren

Eine Reihe von negativen Indikatoren beunruhigen die Prognostiker. Im Jahre 2019 mussten die großen deutschen Automobilfirmen mit Ausnahme von BMW deutliche Absatzeinbußen zwischen 2 % und 6 % hinnehmen. Die Einbrüche gab es in den Märkten Europa, USA und China. Die folgenden Faktoren sorgen vorläufig für eine noch unsichere Zukunft: 1. Die Folgen des Brexit sind unklar. 2. Die Handelskonflikte mit den USA bedrohen den Weltmarkt. 3. Ein Teil der Absatzprobleme kam daher, dass sich die Akteure in der Automobilindustrie zu lange gegen den neuen Abgasmessstandard WLTP der EU politisch gewehrt haben, anstatt sich rechtzeitig darauf einzustellen. Als der Standard dann in Kraft trat, reichte bei den Herstellern die Zeit nicht für rechtzeitige Produktionsumstellungen. Künftig wird die deutsche Automobilindustrie nur eine Chance haben, wenn sie schnell und innovativ handelt statt sich auf Lobbyismus zu verlassen. 4. Das Ende des Verbrennungsmotors könne bei weiterer Zunahme der negativen Klimaeffekte, wie sie weltweit seit einigen Jahren festgestellt werden, viel früher als erwartet kommen. 5. Das E-Auto hat weniger bewegliche Teile als ein traditionelles Fahrzeug und verlangt deshalb weniger manuelle Produktionsstunden. 6. Es könnte sein, dass die positiven Arbeitsplatzeffekte neuer vernetzter Mobilität viel geringer sind als die negativen Effekte einer verminderten Individualmobilität. Mit anderen Worten: Vielleicht kaufen viel weniger Menschen noch eigene Autos und nutzen die Mobilitätsdienste vom Carsharing bis zu neuen, innovativen Netzangeboten. 7. Für die meisten jungen Leute hat das hochleistungsfähige Auto den Wert als Statussymbol verloren.

Positive Indikatoren

Die vorliegenden Prognosen sind sich allerdings einig, dass ab spätestens etwa 2025 die Absatzprobleme gelöst sein werden. 1. Völlig neue Mobilitätsdienstleistungen werden im Zuge des autonome Fahrens entstehen und einen neuen Wirtschaftssektor begründen. 2. Schon heute ist die deutsche Automobilindustrie bei den Assistenzsystemen führend. Es spricht alles dafür, dass diese Industrie sich auch beim autonomen Fahren weltweit durchsetzen kann. 3. Bisher hat sich die deutsche Automobilindustrie von allen Krisen gut erholt. Weder die Ölkrise noch der Siegeszug asiatischer Modelle, weder die Finanzkrise noch andere Probleme konnten ihr bisher einen nachhaltigen Schaden zufügen. Deshalb spricht viel dafür, dass die gegenwärtigen Schwierigkeiten schnell überwunden werden. 4. Der Klimaschutz hat sich als gesellschaftliches Ziel in Deutschland durchgesetzt. Von daher ist zu erwarten, dass sich auch die Automobilindustrie schneller und entschlossener als bisher auf die Ziele einer nachhaltigen Mobilität einstellt und damit neues Vertrauen bei den Konsumenten gewinnen kann. 5. Volkswagen, das in der Dieselkrise so schwer geschädigt wurde, macht im Moment vor, wie Wandel geht. Volkswagens Vorhaben zur E-Mobilität sind beeindruckend. Viel spricht dafür, dass Volkswagen seine führende Stellung halten kann. Auch Mercedes und BMW versuchen, in der Elektromobilität aufzuholen. 6. Wo deutsche Hersteller sich nicht durchsetzen können und neue Hersteller wie die Chinesen oder Tesla strukturell Marktanteile erobern, werden auch diese in Europa Arbeitsplätze schaffen.

Erwartungen

Auch wenn einigermaßen gesicherte langfristige Prognosen nicht vorliegen, herrscht doch bei den meisten Fachleuten eine eher optimistische Stimmung vor. Es wird erwartet, dass folgende Faktoren ein entschlossenes Handeln des Managements und der politischen Führung und damit den Sieg der positiven über die negativen Trends erwarten lassen: 1. Es ist unwahrscheinlich, dass sich Gegner des Klimaschutzes politisch durchsetzen. 2. Die Industrie wird die jetzige Krise für eine Neuaufstellung nutzen. Beratungsfirmen wie PWC sagen unter dem Strich eine weitere Zunahme der persönlich gefahrenen Kilometer und damit eine weitere Zunahme der Mobilitätsnachfrage, der Grundlage für die Automobilindustrie, voraus. Die Prognos AG weist in der Shell Studie Szenarien 2040 auf die gewaltigen Nachfragepotenziale in den Schwellenländern und weiteren Regionen hin.